RENZENSION VON GERHARD HEKELE
Es war eine große Freude das Buch zu lesen. Was in der asiatischen Dichtung und Philosophie beeindruckt, ist der starke Bezug zur Natur. Einfachheit und Komplexität scheinen keine widerstrebenden Kräfte zu sein, sondern scheinen sich in Symbolen zu bündeln. Das zeigt sich zum Beispiel an einem Vers aus dem 17. Jahrhundert.
„Leere Berge, kein Mensch zu sehen, nur das Echo von Menschenstimmen zu hören. Der Abendsonne Wiederschein dringt in den tiefen Wald, leuchtet abermals auf dem grünen Moos.“ Das ist im ersten Moment für uns schwer zu interpretieren, weil die Uneindeutigkeit und die Unbestimmtheit etwas fremd für uns ist.
In den asiatischen Philosophien begegnet uns oft die Stille und Weite und Leere als letztendliche Wahrheitsfindung. Es geht hier eher um den Bereich der Erleuchtung und des Ankommens, die mit Sprache und Denken allein jenseits des Ausdrucks liegen. Zum Beispiel sagt ein Dichter: So steigt die Wahrheit auf „wie Rauch aus einem Räuchergefäß.“ Das erinnert einen an eine Geschichte des buddhistischen Mönches Budisava, welcher aufgrund seiner außergewöhnlichen Ausstrahlung zum König berufen wurde. Der König fragte ihn nach dem Schlüssel seiner Weisheit. Worauf er antwortete: ich habe keine Moral und keine Weisheit. Ich sehe nur unendliche Weite.
Darüber hinaus ist die asiatische Philosophie oft voller praktischer Lebensratschläge/ oder -hilfen, indem sie beispielsweise einfache Tätigkeiten, wie kochen, essen, spazieren gehen und laufen lehren achtsam zu praktizieren, ob es Feldarbeit im Garten oder das Zuhören ist. Es ist ein Leben, wo man von Augenblick zu Augenblick in den nächsten hineinwächst. Auch ist die asiatische Philosophie voller leibhaftiger Körperübungen. Es ist eine Philosophie, die einen ganz starken Körperbezug hat (Thai Qi, Qi Gong), wo der Körper als Quelle einen ganz starken sinnlichen Bezug hat. Das Buch vermittelt einem einen tiefen Einblick in die Sichtweise asiatischen Denkens und Fühlens. Es vermittelt tiefe Einsicht auf spielerische und lebendige Art. Zum Beispiel schreibt ein Mönch über das Wandern:
„Oft schweife ich allein durch unbewohnte Gegend, Sutras singend, alte Gedichte rezitierend, mit einem Stock an die Bäume schlagen, mit der Hand im fließenden Wasser spielend. Geruhsam wandere ich kreuz und quer, vom ersten Sonnenstrahl bis zum Einbruch der Nacht. Wenn ich dann im Dunkeln heimkehre, weine ich Tränen vor lauter Glückseligkeit.“ Ist das nicht wunderbar? Ja, es ist so.
Was wir von den Chinesen wirklich lernen können, ist die Wertschätzung des Alters.